Tag der Milch
- 01 Juni 2020
- Umweltschutz
- Gesundheit & Ernährung
- Tierschutz
Schon seit 1957 gibt es ihn, den Internationalen Tag der Milch, der von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) und dem Internationalen Milchwirtschaftsverband (IDF) ausgerufen wird, um für den Konsum von Milch zu werben.
Bis heute scheinen wir ein romantisch verklärtes Bild der idyllischen Milchviehwirtschaft zu haben, jedoch ist davon in Wahrheit nicht mehr viel übrig. Stattdessen ist aus dem Geschäft mit der Milch eine milliardenschwere Industrie geworden, die dafür sorgt, dass der Milchkonsum überall auf der Welt konstant ansteigt.
Im Jahr 2018 wurden laut Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation FAO weltweit 683 Millionen Tonnen Kuhmilch produziert, Spitzenreiter sind die USA, mit 98.690.477 Tonnen. Mit 4,2 Millionen Kühen ist Deutschland der größter Milcherzeuger der EU. Deutsche Landwirt*innen erzeugten 2018 rund 33 Millionen Tonnen Kuhmilch.¹
Das Leiden der Milchkühe
Milchkühe sind auf Hochleistung getrimmt. Sie geben im Schnitt 20 Liter Milch am Tag, in Hochphasen sogar bis zu 50 Liter. Unter natürlichen Bedingungen benötigt ein Kalb nur etwa 8 Liter Milch täglich, um satt zu werden. Für die Kühe bedeutet das eine körperlich auszehrende Extremleistung, die für Menschen mit der Belastung von 1,5 Marathonläufen pro Tag vergleichbar ist.² Für einen einzigen Liter Milch muss das Euter mit 0,5 Tonnen Blut durchspült werden.³
Damit Milch fließen kann, muss die Kuh ein Kälbchen gebären – erst dann schießt ihr Muttermilch ins Euter. Das Kalb wird damit aber nicht gesäugt, schließlich trinkt das Kalb etwa 15 Liter pro Tag – Milch, die nicht verkauft werden kann. Um die Milchleistung von Kühen nicht zu schmälern, werden neugeborene Kälber deshalb meist innerhalb von 24 Stunden von der Mutter getrennt. Zudem soll das Kalb sich nicht mit übertragbaren Krankheiten wie der Rinder-Paratuberkulose bei der Mutter infizieren.
Immer mehr Bio-Betriebe setzten auf die sogenannte muttergebundene Kälberaufzucht. Allerdings werden auch in der Mutter-Kalb-Variante die Jungtiere meist nach etwa drei Monaten von ihrer Mutter getrennt und fortan mit anderen Kälbern gehalten.⁴
Nach der Trennung bekommt das Kalb mit Wasser vermischtes Milchpulver zu trinken. Die weiblichen Kälber wachsen zu Milchkühen heran, jedoch liegt die Sterblichkeit in der konventionellen Haltung von Kälbern bei 10 Prozent.⁴ Die männlichen Kälber werden geschlachtet. Zwei bis drei Wochen nach der Geburt wird die Kuh neu besamt und ist dann wieder schwanger. Im Durchschnitt werden Milchkühe in Deutschland nur fünf Jahre alt. Dabei könnten sie 25 Jahre alt werden werden.⁵
Die Rindfleischerzeugung in Deutschland ist im Wesentlichen von zwei Haltungsformen geprägt: Etwa 45 Prozent des deutschen Rindfleischs stammen aus der Mastbullenhaltung, weitere 35 Prozent von (Alt-)Kühen aus Milchvieh- und Mutterkuhherden.⁶
Auch leiden erwachsene Milchkühe, vor allem jene der verbreiteten Holstein-Rasse, an zahlreichen Stoffwechselkrankheiten. 50 Prozent haben Ketose, Fettleber, Klauenrehe, Euter- und Uterusinfektionen oder Labmagenverlagerungen.⁴
Ist Milch ungesund?
Der Konsum von Milchprodukten kann sich zudem negativ auf die Gesundheit auswirken. Weltweit sind insgesamt etwa 75 % der Menschen laktoseintolerant und können den mit der Nahrung aufgenommenen Milchzucker nicht verdauen.⁷
Lange wurde damit geworben, dass Milch starke Knochen macht, schließlich ist Milch ein guter Kalziumlieferant. Aber es gibt offenbar keinen Zusammenhang zwischen hohem Milchkonsum im Erwachsenenalter und starken Knochen. Kalzium kann aus der Nahrung nur dann richtig verwertet werden, wenn gleichzeitig auch ausreichend Vitamin D und Magnesium zur Verfügung stehen. Die erhöhte Kalziumzufuhr in Milch scheint zudem ein deutlich höheres Risiko für Prostatakrebs mit sich zu bringen— dafür sind allerdings 1,25 Liter oder mehr pro Tag nötig. Das Kalzium scheint das Risiko für Prostatakrebs zu steigern.⁸ Auch für andere Krebsarten steht Milch als ein möglicher Einflussfaktor im Verdacht – doch ist es schwierig, die Milch als Ursache auszumachen, da viele andere Faktoren einen Einfluss haben, wie Veranlagungen oder der generelle Lebensstil.
Ist Milch schlecht für die Umwelt?
Die Herstellung von einem Liter Kuhmilch hat im globalen Durchschnitt eine Klimawirkung wie rund 2,4 kg Kohlendioxid; so viel entsteht etwa auch bei der Verbrennung von einem Liter Benzin. Die Emissionen, die Transport, Verarbeitung und Lagerung der Milch in Molkerei und Handel verursachen, sind hierbei noch unberücksichtigt.⁹
Eine schwedische Studie hat 2009 die ökologischen Auswirkungen von Soja- und Kuhmilch direkt miteinander verglichen. Sie kommt zu dem Schluss, dass die Herstellung von Sojamilch vom Anbau bis zum Konsumenten deutlich weniger Ressourcen beansprucht: die Produktion erfordert rund 60 % weniger Land und verursacht nur ein Viertel an Treibhausgasen. Auch Hafermilch schneidet im Vergleich besser ab. Gemäß einer Untersuchung im Auftrag von Oatly wirkt sich Hafermilch im Vergleich zu halbfetter Kuhmilch um rund 70 % weniger auf das Klima aus und verbraucht in der Herstellung nur knapp 40 % der Energie. Die Landnutzung ist um fast 80 % geringer.
All dies sind Gründe, warum immer mehr Menschen auf pflanzliche Alternativen umsteigen. Der globale Einzelhandelsumsatz pflanzlicher Milchalternativen in den letzten Jahren ist jeweils um acht Prozent jährlich angestiegen und lag damit bei 15,6 Mrd. USD. ¹⁰ Wer Zugang zu Supermärkten wie Rewe, Edeka, Lidl, Alnatura, Bio Company usw. hat, hat die Qual der Wahl. Mittlerweile gibt es viele verschiedene Sorten wie die zuvor genannte Soya- oder Hafermilch, aber auch Reismilch, Haselnussmilch, Kokusmilch, Cashewmilch, Hanfmilch und weitere.
Unser Fazit: Der Tag der Milch sollte kein Grund zum Feiern sein, sondern Anlass zur Aufklärung bieten.
Quellen:
1: Livestock Primary > Milk, whole fresh cow.: Offizielle Produktionsstatistik der FAO für 2018. fao.org, Stand 5. März 2020
2: Dairy Herd Management (2011): The bovine athlete. Verfügbar unter: http://www.dairyherd.com/dairy-herd/the-bovine-athlete-113989584.html [25.07.2017]
3: https://proveg.com/de/5-pros/tiere/milchkuehe-kuhhaltung-milchproduktion/
4: https://www.sueddeutsche.de/wissen/landwirtschaft-kuehe-ohne-kindheit-1.3957844
6: (https://www.praxis-agrar.de/tier/rinder/rindfleischerzeugung-in-deutschland/)
7: Suarez, F. L., D. A. Savaiano & M. D. Levitt (1995): A Comparison of Symptoms after the Consumption of Milk or Lactose-Hydrolyzed Milk by People with Self-Reported Severe Lactose Intolerance. New England Journal of Medicine. 333, p.1–4
9: http://www.fao.org/3/k7930e/k7930e00.pdf
10: https://www.elite-magazin.de/markt/ist-kuhmilch-bald-ein-nischenprodukt-12895.html